
Gewerkschaftliche Betriebsarbeit
Wichtiger denn je…
Zusammen mit dem Vorsitzenden der SPD Gersthofen, Dennis Stolarski, besuche ich die „MAN TRUCK&BUS Service und Verkauf Vertriebsregion Süd“ in Gersthofen.
Wir begegnen der Betriebsratsvorsitzenden Katharina Kloß (35) an ihrem Arbeitsplatz. „Trotz zurückgehender Auftragslage haben hier alle Mitarbeiter*innen viel zu tun“, erfahren wir. Auch den Kollegen Claas Meyer (36) von der Verwaltungsstelle der IG Metall Augsburg haben wir zu unserem Gespräch eingeladen.
Trotz der guten Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung hier am Ort, ist Katharina auch am engen Kontakt zur IG Metall sehr interessiert. „Ungefähr 90% unserer Beschäftigten sind Mitglieder der IG Metall. Um das Jahr 2020 wurden bundesweit etwa 500 Mitarbeiter*innen entlassen. Es hatte mit Corona nichts zu tun, ‚man müsse Geld sparen für die Elektromobilität‘ war das Argument der Geschäftsleitung. Wir hatten keine andere Chance.
Da war es die gemeinsame Arbeit der Betriebsrät*innen und der IG Metall, alles sozialverträglich zu gestalten.“ Entlassungen im eigentlichen Sinn habe es nicht gegeben, „alles erfolgte im gegenseitigen Einvernehmen mit Freiwilligenprogrammen und mit entsprechenden Abfindungen“, erzählt sie. In Gersthofen seien drei Mitarbeiter davon betroffen gewesen. „Nicht nur in solchen Fällen sind Gewerkschaften unverzichtbare Partner“, ergänzt Claas und berichtet uns aus seiner Erfahrung. „Er habe schon Abgründe kennengelernt.“ Er nennt uns das Beispiel einer Auszubildenden, die 123 Euro verdient habe, im ersten Ausbildungsjahr mit 60-70-Stundenwoche. Oder im Gastrobereich, zehn Tage Urlaub, obwohl 24 Tage vorgeschrieben sind. Wir fragen nach Problemen, mit denen die Mitarbeiter*innen zu Katharina kommen und erfahren, dass es meist persönliche Geschichten und Sorgen sind. „Bis jetzt haben wir für alles eine Lösung gefunden“, sagt sie und lacht.
Sie arbeitet als Serviceassistentin im Schichtdienst und „da ist es eher schwieriger, einem Kunden zu vermitteln, dass ein LKW, der heute bestellt wird, zwei Jahre Lieferzeit hat.“ Wir glauben uns verhört zu haben. Doch es ist tatsächlich so, dass ein Kunde lieber mal einen alten LKW wieder Instandsetzen lässt oder einen gebrauchten LKW kauft, den er dann sofort haben kann. Grund seien die Lieferketten, die nicht mehr funktionieren.
„Man sieht, was passiert, wenn Gewerkschaften schwach sind“, sagt Claas und nennt unter anderem als Beispiel die Deindustrialisierung in Großbritannien, die schlechten Arbeitsbedingungen in den USA. In Frankreich gäbe es zwar starke Gewerkschaften, sie seien aber nicht so verankert in den Betrieben wie hier in Deutschland.
Die Transformation, die in der Industrie anstehe, müsse so gestaltet werden, „dass wir für die Arbeitnehmer*innen Gewinn daraus ziehen, wir müssen zum Beispiel über Arbeitszeit diskutieren. Wandel hieße nicht immer Arbeitsplatzabbau, sondern auch Verschiebung von Arbeit. „Aber dann natürlich auch zu guten Arbeitsbedingungen. Wandel darf auf keinen Fall zum Nachteil der Mitarbeiter*innen gehen“, sagt Claas.
Bei uns gäbe es 44 Millionen Erwerbstätige, das sei die Mehrheit unserer Bevölkerung. „Die Arbeitgeber haben ein Problem: zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie komme schon auf zwei Ausbildungsplätze ein Auszubildender.“ Im Handwerk sei es ähnlich. Schulbildung, stellen wir gemeinsam fest, drückt nichts über die Intelligenz aus. Gerade auch für die Menschen, die aus den Mittelschulen kommen, sollten wir eine gute berufliche Perspektive bieten.
