Bitter enttäuscht!
Stadtrat Peter Schönfelder:
Der Stadtrat hat mit Mehrheit die Umbenennung der „Wernher von Braun Straße“, abgelehnt. Wie siehst Du diesen Vorgang bzw. diese Entscheidung?
„Ich war vor geraumer Zeit echt stolz auf diesen Stadtrat, als es eine klare Mehrheit bei der Namensgebung „Anna Pröll Mittelschule“ gab. Jetzt bin ich bitter enttäuscht und ehrlich gesagt, ich schäme mich für diesen Stadtrat.“
Kannst Du dies genauer erklären?
„Unstrittig: Wernher von Braun ist für den Tod von Zig-Tausender Menschen verantwortlich, er war ein leidenschaftlicher Verfechter und Treiber des damaligen Systems. In vielen Städten wurden bei Straßen und Schulen der Name dieses braunen Ideologen gestrichen und durch andere Namen ersetzt.
Er hatte dort nicht das Recht, dass sein Name und damit seine Gräueltaten für alle Ewigkeit festgeschrieben werden. Mit der Entscheidung des Stadtrates werden Name und damit die mörderischen Handlungen Wernher von Brauns nicht abgestraft, man kann, man könnte den Eindruck haben, sie wurden ansatzweise sanktioniert. Dies ist das Bittere und die Argumente, dass damit für die Anlieger dieser Straße bei der Umbenennung Kosten entstehen könnten, im Vergleich zum Leid, das Wernher von Braun zurückgelassen hat, ein beschämendes Argument. Dies ist das Faktum, für das ich mich schäme. Wir wären den Opfern eine Umbenennung schuldig.“
Wie siehst Du Dein Verhältnis zu jenen Stadtratsmitglieder, die mit ihrem Abstimmungsverhalten eine Umbenennung verhindert haben – wie ordnest Du dies ein?
Sicher belastet das Abstimmungsverhalten die persönliche Beziehung, aber da muss man durch. Ich gebe die Hoffnung nie auf, dass der eine oder andere Kollege beziehungsweise Kollegin zur Erkenntnis kommt, falsch gehandelt zu haben.
Vielleicht gibt es eine Allianz in dieser Sache. Damit würden wir auch die Meinung des vom Stadtrat eingesetzten Fachbeirates und das Ansehen der Opfer aus dieser schrecklichen Zeit würdigen. Dann wäre ich wieder stolz auf diesen Stadtrat.“
Hast Du den Eindruck, dass sich der Stadtrat und damit die Stadt Gersthofen blamiert hat?
„Ich würde dem, der dies so sieht, nicht widersprechen. Und in der Tat, die Umbenennung abzulehnen, obwohl vom Fachbeirat empfohlen, ist in unserem Land wohl ein einmaliger Vorgang.
Für mich waren es die falschen Argumente, zum richtigen Zeitpunkt. Hätten in der Zeit der braunen Barbarei alle Menschen den einfachsten Weg gewählt, dann hätte es nie einen Widerstand gegeben, der nach dem Zusammenbruch eine wesentliche Grundlage dafür war, dass unser Land, unser Staat in die Staatengemeinschaft schnell zurückfand.“
Wie geht es nun weiter, was sind Deine Gedanken?
„Man sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich werde viele kollegiale und freundschaftliche Gespräche mit einzelnen Mitgliedern des Stadtrates, dort wo ich Gelegenheit habe, führen.
Die Umbenennung dieser Straße bleibt eines meiner politischen Ziele. Ich hatte als junger Gewerkschafter, Josef und Anna Pröll und viele weitere Menschen aus dem Augsburger Widerstand kennengelernt und ich bin mit ihnen allen einen gemeinsamen Weg für Frieden, gegen Krieg und Faschismus gegangen.
Ich bin es Anna Pröll und ihrem Lebenswerk schuldig, mich dauerhaft für diese Umbenennung einzusetzen.“